Die Kraft der Wörter
von Emil Schmidt

»Muss ich denn schon wieder einen neuen Blogbeitrag machen oder besprechen?« fragte ich mich vor einiger Zeit und schon ist es da, dieses Stichwort »muss«. Um die Kraft der Wörter soll es hier gehen.
Dieses »Muss« macht mich schon eng und wenn ich das jetzt bespreche (siehe meine Aufnahme) und was Sie auch hier lesen, mit dieser Haltung des »Müssens« mache ich mir keine Freude. Sie werden das auch verspüren oder lesen oder hören, weil es auch Ihnen nicht so richtig Freude macht. Wow, und dann war klar, das steht an, das macht mir Spaß, dasjenige, was ich an Erfahrungen machen aufzuschreiben, aufzusprechen. Sie geben mir freundlicherweise Ihre Zeit - Dankeschön dafür - das auch zu hören und zu lesen. Also: Ich »muss« keinen Beitrag, sondern ich »darf« einen Beitrag schreiben/sprechen Das ist eine wunderbare Erleichterung, die ich verspüre und vielleicht auch schon ein hilfreicher Impuls für Sie, wie der Unterschied zwischen »Ich muss« und »Ich darf« wirkt. Natürlich gibt es Situationen, wo auch etwas getan werden muss. Um die geht es hier nicht. Oft sind wir ja in diesem »Es muss sein«. Das fühlt sich dann so an, als könnten wir keine Entscheidungen treffen. Doch darum geht es mir: Wie wäre es, wenn es sein »darf«?
Und wenn Sie jetzt innerlich rufen: »Aber, das ist doch alles so leicht dahingesagt!« Ja, und: Wie wäre es, mit diesem Wort »aber« mal spielerisch umzugehen. Und: Natürlich ist es einfach und nicht leicht, dieses »aber«, diesen Einwand, der auch schon eine gewisse Enge nach sich zieht, zu verwandeln. Es könnte ja die innere Haltung erweitern, etwas Neues in dieses Lebensspiel bringen. Also: Mir zumindest hilft es, immer weniger »aber« und immer häufiger »und« zu sagen. Wenn ich dann doch wieder »aber« sage - keine große Sache, ich hab ja die Wahl, »und« zu sagen - und schon ein drittes Wort: Ich bin nicht »perfekt«.
Auch so ein spannendes Wort, das in unserer westlichen Kultur solch ein »Muss-Gefüge« bewirkt: Alles perfekt, alles ist zum Abschluss gebracht und kann nicht mehr verändert werden. Da ist ja auch der Drang dabei: Ich muss es so hinbringen, dass es perfekt ist. Ich hab mir vor vielen Jahren mal klargemacht. was heißt eigentlich dieses Wort von seinem Ursprung her: »Perfekt« kommt aus dem Lateinischen und hat zwei Silben: »Per« bedeutet »durch« oder »hindurch« und »facere« heißt »machen«. Also vom Lateinischen her wörtlich übersetzt heißt »perfacere«, etwas »hindurch machen«. Ich mache einfach das, was ansteht, was mir Freude bereitet, was ich machen möchte, zu Ende - wie hier jetzt den aufgesprochenen Audiobeitrag abzuschreiben. In dem Sinne kann ich gar nicht unperfekt sein, weil ich immer perfekt bin, also etwas zu Ende mache. Wenn ich zwischendrin aufhöre, dann war das eben das Perfekte, weil es nicht mehr gestimmt hat, ich die Sache liegen lasse und mich etwas anderem zuwende. Von der Seite gesehen sind wir eigentlich immer perfekt. Der Stress darf auch ein bisschen weichen - Wäre das vielleicht auch etwas, diese »Erlaubnis«?
Schon wieder ein neues Kraftwort, das mir sehr hilft. Ich gebe mir die Erlaubnis zu entscheiden, in diesem Sinne perfekt zu sein und Fehler zu machen, die vielleicht gar keine sind, sondern wunderbare Lernhinweise und ich habe auch keine »Schuld«, wenn etwas passiert. Schon wieder ein neues Wort: Ich habe »Schuld«, ich bin selber schuld. Okay, ich möchte nicht in den juristischen, fast hätte ich schon gesagt, Sumpf hineinsteigen – da bin ich ja überhaupt nicht der Fachmann dafür. Es mag eine sinnvolle Auseinandersetzung sein. Hier geht es um dieses: »Ich übernehme die Verantwortung«, wenn ich etwas gemacht habe, was Quatsch gewesen ist.
Und was bedeutet »Verantwortung«? Ich hab‘ dies lange als Blei an den Füßen verspürt. Eigentlich heißt es - da hilft mir das Englische – »responsibility«: »response« meint »Antwort geben« und »ability« meint »die Fähigkeit« dazu zu besitzen. Ich habe die Fähigkeit, auf eine Situation, die entstanden ist, die zum Beispiel durch mich entstanden ist, eine Antwort zu geben, etwa zu sagen: »Tut mir leid, das ist mein Ding. Was kann ich tun, um es zu verbessern, zu verändern?« Dann fällt auch dieses weg: »Oh, sind Sie mir bitte nicht böse, dass mir das passiert!«.
Vor einigen Monaten bekam ich eine Mail, die begann mit: »Lieber Herr Schmidt, sind Sie mir bitte nicht böse … «. Ich merkte, wie meine Zellen reagierten im Sinne von: »Hey, das ist ein Übergriff! Ich möchte auch böse sein, wenn es denn so ist und dann entscheide ich so.« Wenn ich jemandem etwas sage, was vielleicht beim Anderen nicht gut ankommt, darf der auch böse sein und diese Entscheidung treffen. Das ist doch wunderbar!
Also, wenn Sie nun böse sind auf das, was Sie hören oder lesen - es ist Ihre Freiheit! Wenn Sie jetzt in diesem Sinne perfekt sind und überhaupt keine Schuld haben und die Verantwortung übernehmen und selten mehr »müssen«, sondern »dürfen« und sich die »Erlaubnis« geben für ein geglücktes und wunderbares Leben mit manchen Fehlern, die eigentlich nur Lernhinweise sind - das wäre doch was - ich wünsche es Ihnen!
Ach ja, noch zwei hübsche Hinweise:
Das kurze Video unter http://bit.ly/1c47sEo bringt die Kraft der Wörter schön auf den Punkt. Eine gute Entscheidung, sich von diesen zwei Minuten berühren zu lassen!
Hören können Sie meinen Beitrag auch. So ist er nämlich entstanden: Zuerst ohne Vorlage aufgesprochen und dann abgeschrieben.
Kommentare
Kommentar von Markus Bittner |
Danke, schön. :-)
Kommentar von Werner Richter |
Sehr zutreffend!
Kommentar von Vanessa Gabor |
Die Kraft der Worte - ein Geschenk sie richtig zu nutzen, so berühren diese im Herzen.