Damals und heute - meine Kindheit und jetzt

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Mein erster Geburtstag. Neugierig und kindlich fokussiert bin ich, mit was auch immer in der Kerze beschäftigt. Mein geliebtes Stoffbärchen links im Bild. Daran kann ich mich insbesondere gut erinnern, weil irgendwann aus dem Bauch das Stroh herausquoll und ich das Bärchen unbedingt behalten wollte und auch behielt. Der Dickkopf, der mir wohl geblieben ist, der Babyspeck an den Händen, herrlich.

Die äußeren Umstände in dieser Zeit lassen auf eine schwierige Kindheit schließen:
Wohnungen gab es in den Nachkriegsjahren wenige, die als Wohnungen zu bezeichnen gewesen wären. Die Hochburg der Nationalsozialisten, meine Geburtsstadt Nürnberg, wurde besonders dem Bombenhagel ausgeliefert. Wer eine Wohnung hatte und dann noch ein Zimmer zu viel, was das auch immer heißen mochte, musste dieses Zimmer nach Kriegsende für andere Menschen freigegeben, die noch keine Unterkunft hatten. Das hieß Wohnungszwangsbewirtschaftung. So war es auch bei mir als Erstgeborenem und meinen Eltern. Wir hatten Glück, das hieß: ein Zimmer, ein Wasserhahn drin, ohne Waschbecken (so erzählte mir meine Mutter erst viele, viele Jahrzehnte später), ein Elternbett zum Herausklappen in dem schlauchförmigen Zimmer und dann ein kleines Stellbett für mich. Wir hatten nochmals Glück, denn unsere zwangsverordneten Vermieter, ein älteres Ehepaar, hatten uns und besonders mich warmherzig aufgenommen. Die Beiden waren für mich wie Oma und Opa, ich saß oft auf deren Schoß.

Und die schwierige Kindheit? Ich kann mich nicht an so etwas Unangenehmes erinnern. Im gefühlten Rückblick sind es unbeschwerte und geglückte Jahre bis zur Einschulung gewesen. Natürlich, der Erstgeborene und dann noch männlich, bekommt die ganze Zuwendung der Mutter. Mangel als solchen hatte ich nicht wahrgenommen, soweit ich das überhaupt im Rückblick sagen kann. Alles was da war, war mein Glück, das wenige Holzspielzeug, der Ball in dem Schlauchzimmer, den ich entlangkollern ließ, und eben auch mein zerrupftes Bärchen samt Geburtstagskerze.

Es ist nicht nur symbolhaft für mich, dieses Licht am Tischchen. Die Welt ist in Richtung Veränderung in Aufruhr, mit all der Trennung von Gut und Böse, Himmel und Hölle, Opfer und Täter, Macht und Ohnmacht, alles in Richtung Veränderung welcher Art auch immer. Auch mich nimmt es mit, immer mal wieder zieht mich dieser Magnetismus in die Polarität hinein, besser gesagt lasse ich mich hineinziehen. Irgendetwas ist auch an diesem Licht, das mir hilft, mich immer weniger hineinziehen zu lassen. Und es ist an mir, dieses Licht auf eigene dunkle Ecken scheinen zu lassen. Erst mal nicht angenehm, doch heilsam. Die Veränderung fängt ja bei mir an, wo denn sonst ...

Als ich die Tage für einen Artikel nach einem aktuellen Bild von mir suchte, fiel mir dieses alte Schwarzweißfoto in die Hände. Ich habe es mir ausgedruckt. Es ist jetzt immer bei mir.

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